Chaos in der Pflege

Written by on 7. Dezember 2020

Wir leben immer länger, damit gibt es auch mehr Pflegebedürftige. Prognosen zufolge könnten es bis zum Jahr 2050 in Österreich über 650.000 Menschen sein. Dabei stößt das Pflegesystem schon jetzt an seine Grenzen: Der Personalmangel ist akut, die Pflege kostet den Staat mehr als vorgesehen und die Bezahlung von Pflegefachkräften ist privat kaum zu stemmen. Julia Pabst hat sich umgehört.

Lokalaugenschein im Pflegeheim

Wir werden es nicht vergessen

Vor einem Jahr sind wir zusammengesessen

Der Virus Corona hat sich eingeschlichen. 

So sind wir in eine andere Welt gewichen

Wir hoffen alle auf eine schönere Zeit

Hoffentlich es ist in einem Jahr so weit. 

Die Uhr sie schlägt und geht,

wie lange ist noch unser Weg? 

Noch versuchen wir, unser Leben zu gestalten

Aber es wird einer kommen und verwalten.

Dieses Gedicht hat Heimbewohnerin Edith Kindler über das Corona-Virus geschrieben. Die 92-Jährige lebt seit drei Jahren im Pflegewohnheim Zirbenland in der Obersteiermark und verbringt ihre Zeit gerne mit dem Dichten. Die letzen Monate waren für sie ein Kraftakt: Beinahe abgekapselt von der Außenwelt gab es kaum persönlichen Kontakt zu ihren Liebsten – zu groß die Gefahr, dass sie das Virus ins Heim schleppen.

Das Virus ist zur Zeit die größte Sorge von Gabriele Schlögel. Sie leitet das Pflegeheim mit seinen 56 Bewohner*innen. Zu Beginn der Krise gab es kaum Schutzausrüstung. Es folgten Regelungen, die in der Praxis kaum umsetzbar sind. Maskentragen und Abstandhalten ist für viele Bewohner*innen unmöglich, immerhin leidet ein Großteil an Demenz. Die Pflegeexpertin gibt Einblicke in ihren Alltag und in die Probleme, die sie täglich verfolgen.

Baustelle Pflege

Eine Regierung nach der anderen verspricht eine Reform des österreichischen Pflegesystems. Geschafft hat es bisher keine. Sozial- und Gesundheitsminister Rudolf Anschober will das nun ändern. Bis Jänner soll eine Strategie ausgearbeitet werden. Im Laufe des nächsten Jahres sollen erste Maßnahmen folgen. Gerald Loacker, Sozialsprecher von den Neos, zweifelt daran, dass die Reform wirkliche Veränderungen bringt.

Tatsächlich ist die Pflege derzeit eine ziemliche Baustelle: An sich ist Pflege Ländersache, entsprechend unterschiedlich sind die Regelungen von Bundesland zu Bundesland. Die Finanzierungsströme schlängeln sich durch Bund, Länder und Gemeinden. Auch die Pflegebedürftigen bzw. deren Angehörigen müssen kräftig mit zahlen, sofern sie können. Ökonom Christian Grünhaus von der WU gibt einen Überblick über die größten Probleme und mögliche Lösungen im Pflegesystem.

 

Zu Gast im Interview

Die Ökonomin Lisa Hanzl im Gespräch über die Schwächen der Pflegesituation in Österreich und wie gute Pflege in Zukunft aussehen sollte.

Das Interview mit Lisa Hanzl in zwei Teilen:

20201207_ Pflege Studiogespräch Teil1

20201207_Pflege Studiogespräch Teil2

 


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