Long Covid: Leben mit angezogener Handbremse

Written by on 21. Dezember 2024

Bei Alles Inklusive erzählen die Long Covid Erkrankten Alexa und Sandra ihre Geschichte. 2020 erkranken Alexa und Sandra an Corona. Alexa ganz am Anfang der Pandemie, Sandra erst im Herbst. Die beiden haben einen mittelschweren Verlauf. Von einem schweren Verlauf sprechen Ärzt*innen erst, wenn die Patient*innen beatmet werden müssen. Alexa und Sandra haben ihre Covid-Infektion als schlimmste Zeit ihres Lebens in Erinnerung: Atemnot, Schwäche, Fieber, Husten und: Angst. Angst, weil niemand weiß, wie lange es dauern wird, bis sie wieder gesund sind. Angst, weil die Krankenhäuser voll und die Ärzt*innen überfordert sind. Sie beide gehen nicht ins Krankenhaus, obwohl ihnen dazu geraten wird. Zu groß ist die Unsicherheit. Und: Beide wollen zuhause sterben, falls es soweit kommt.

Unsichtbare Not

Sandra und Alexa genesen nach einigen Wochen. Wirklich erholt haben sie sich von ihrer Infektion aber nie. Die Symptome sind so individuell wie die Frauen selbst: Atemnot, Augenentzündungen, Erschöpfung, Tinnitus, Herzmuskelentzündungen etc. Die Ärzt*innen sind ratlos. 2020 kennt noch kaum jemand „Long Covid“. Und die Mediziner*innen nehmen die Symptome teilweise nicht ernst oder schieben die Beschwerden der Frauen auf psychische Probleme. Das Absprechen von Erfahrungen und Empfindungen nennt sich in der Medizin „Medical Gaslighting“. Besonders Frauen sind davon häufig betroffen. Auch von Long Covid sind vor allem Frauen betroffen. Treffen kann es aber prinzipiell jede*n. Ein Problem: Long Covid ist und wird kaum erforscht. Nicht einmal offizielle Angaben zur Anzahl der Betroffenen gibt es in Österreich.

Sandra von Long Covid Austria

Leben auf Sparflamme

Sandra und Alexa leben heute sehr achtsam. Ihre Energie müssen sie sich gut einteilen. Tätigkeiten, die vor ihrer Erkrankung kein Problem waren, fallen ihnen heute schwer. Eine Zeit lang konnte sich Alexa nur im Sitzen die Schuhe binden. Sandra hat im Sitzen gekocht. Auch beim Zähneputzen konnten die beiden stehen. Sandra arbeitet inzwischen wieder, sie wurde bei ihrer Arbeit „wieder eingegliedert“. Das bedeutet: Sie hat langsam wieder begonnen zu arbeiten, ihre Stunden schrittweise erhöht. Inzwischen arbeitet sie wieder 40 Stunden, auf dem gleichen Energielevel wie zuvor ist sie aber bei Weitem nicht. Alexa war Flugbegleiterin und konnte so nicht mehr zu ihrem Beruf zurückkehren. Inzwischen macht sie eine Ausbildung und will dann selbstständig werden. Die Selbstständigkeit ist für sie der einzige Weg, wieder zu arbeiten.

Alexa von Long Covid Austria

Long Covid Betroffene: Gemeinsam stark

2021 wird „Long Covid Austria“ gegründet. Alexa und Sandra vernetzen hier gemeinsam mit anderen Freiwilligen Betroffene in ganz Österreich. Außerdem gibt es eine Liste an Anlaufstellen und Ärzt*innen, die sich mit Long Covid auskennen. Auf Facebook betreibt die Organisation eine Selbsthilfegruppe, in der sich nur Betroffene austauschen können. Denn obwohl die Symptome sehr unterschiedlich sind, so teilen die Betroffene doch ähnliche Erfahrungen: Medical Gaslighting, Unverständnis von der Familie, Umgang mit Corona-Leugner*innen, Unfruchtbarkeit, Pacing etc.

Radieschen Redakteurin Hannah Jutz hat mit Alexa und Sandra online über Long Covid gesprochen. Wie es sich angefühlt hat, an einer Krankheit zu leiden, die niemand kennt und wie es ihnen heute geht, erfährt ihr bei Alles Inklusive.


Continue reading

Previous post

Der U5 auf der Spur


Thumbnail
Current track

Title

Artist